Heimat

Keine Frage, ich werde nichts Besonderes, nichts Neues zur Beschreibung des Begriffs, des Gefühls, des Zustands Heimat beitragen können. Alles ist dazu schon gesagt und geschrieben worden – nur halt nicht von allen. Und so schreibe ich jetzt einfach auch noch was dazu, jetzt, nachdem wir über Weihnachten zu Hause waren und nun in unser neues Heim zurückgekehrt sind.

Überrascht hat mich die Normalität, die ich in beiden Welten empfand. Keine Entfremdung in der alten, kein Erstaunen in der neuen Heimat. Deshalb fragte ich mich, ob Heimat für mich überhaupt etwas bedeutet.

„Hänge Dein Herz nicht an Dinge“ ist einer der Ratschläge, mit denen ich meine Familie gerne nerve – und dem ich oft genug selbst nicht folge. Und so musste ich feststellen, dass es doch auch Dinge sind, die das Gefühl von Heimat und Vertrautheit schaffen. Es ist aber nicht das Haus, dass wir verkauft haben und das sich mir entfremdete. Es sind mehr die kleinen Dinge, die einem durch Zufall im elterlichen Haus über den Weg laufen. Wie zum Beispiel ein Waschlappenfrosch am elterlichen Badewannenrand, der durchaus 40 Jahre auf dem Buckel haben dürfte…

Vertrautheit ist gewiss eines der Kerngefühle, die Heimat ausmachen. Ein anderes ist Vertrauen. Und so war auch das Haus unserer Freunde, bei denen wir in unserem früheren Wohnort bleiben durften, Heimat. Sich aufs Sofa werfen, die Füße hochlegen, keine Konversation treiben, sondern reden, wenn man reden und schweigen wenn man schweigen mag. Chips essen, Wein trinken, Charlie Brown schauen. Freunde halt.

„Home is where WiFi is“ könnte man meinen und dabei denken, dass wir heute mit so vielen Menschen von jedem Ort und an jedem Ort der Welt über digitale Wege verbunden bleiben. Und es stimmt auch, es ist sehr viel leichter geworden, Beziehungen aufrechtzuerhalten. Das Gefühl „Heimat“ aber entsteht erst wieder, wenn wir mit diesen Menschen zusammen sind. Mit den Menschen – und unseren Tieren. Und so war es das schnarchende Frollein Hund, das – nach einem schönen Landurlaub wiedervereinigt mit uns und ihrem Sofa in Brooklyn – mir das Gefühl gab, auch hier in der großen Stadt zu Hause zu sein.

Schlafendes Frollein Hund

Letztlich sind es wohl die vielen kleinen Heimaten, die irgendwie einfach da sind, die vielen vertrauten Orte und Wesen, die ich mit mir herumtrage, die den Wechsel zwischen den Welten leicht machen und die es erlauben, neuen Heimaten einen Platz zu geben. Ein schönes Gefühl.

Eine Antwort auf „Heimat“

  1. Lieber Richard, ein wunderbarer Text! Vieles hat mich berührt, auch dass Du Dich inzwischen in beiden Welten zu Hause fühlst.
    Ich meine genau wie Du, dass es nicht an den Dingen hängt. Dieser These könnte widersprechen, was der Waschlappenfrosch ausgelöst hat. Tut es aber nicht: denn es ist die Geschichte, das Erlebte, die Stimmung, die dadurch wieder lebendig wurde. Danke für Deine Gedanken!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert